Mongolei: Aufwertung des mittel- bis langfristigen politischen Risikos in Kategorie 6/7 dank sukzessiver makroökonomischer Verbesserungen
Auf einen Blick
- Seit dem Beinahe-Staatsbankrott im Jahr 2017 haben sich die makroökonomischen Fundamentaldaten der Mongolei schrittweise verbessert.
- Die öffentlichen Finanzen sind gesünder und die außenwirtschaftlichen Ungleichgewichte und schuldenbedingten Anfälligkeiten sind zurückgegangen.
- Die mongolische Auslandsverschuldung ist unverändert hoch und es droht Gegenwind von einem stärkeren US-Dollar, höheren globalen Zinssätzen und schwächerer Nachfrage aus China.
- Dennoch werden die Perspektiven des Landes von positiven Aussichten für den Mineralienexport, höherer Kupfernachfrage aus China und politischer Kontinuität gestärkt.
- Credendo hat das mittel- bis langfristige politische Risiko der Mongolei in Kategorie 6/7 aufgewertet.
Pro
Kontra
Staatsoberhaupt
Regierungschef
Bevölkerung
BNE pro Kopf
Einkommensgruppe
Hauptexportgüter
Weichen für nachhaltigeren makroökonomischen Kurs sind gestellt
Die Mongolei befindet sich in schwierigem Fahrwasser, seit sie im Frühling 2017 von multilateralen und bilateralen Gläubigern gerettet wurde, um einen Staatsbankrott abzuwenden. Während die Behörden in den Folgejahren versuchten, die enorme Schuldenlast des Landes abzubauen, wurde die Wirtschaft von der Covid-19-Pandemie und der daraus resultierenden Grenzschließung zu China schwer getroffen, da China mit einem Anteil von 80 % der wichtigste Absatzmarkt für den mongolischen Warenexport ist. Seit 2021 haben sich die makroökonomischen Ergebnisse des Landes jedoch schrittweise verbessert und scheinen nun eine Trendwende vollzogen zu haben. Das reale BIP-Wachstum erreichte zwischen 2022 und 2024 ein dauerhaft hohes Niveau von durchschnittlich 6 %, das auch für die kommenden drei Jahre prognostiziert wird. Die Wirtschaft zeigt weiterhin eine starke Abhängigkeit von mineralischen Rohstoffexporten, die mit den Produkten Kohle, Kupfer, Gold und Eisenerz den Hauptwachstumstreiber bilden – ein Umstand, der gleichzeitig eine große Anfälligkeit darstellt, da die Mongolei Preisschwankungen ausgesetzt ist. Dieses Risiko wird jedoch von den hohen Goldpreisen, dem enormen Marktpotenzial für Kupfer in der ökologischen Wende und der steigenden Nachfrage nach kritischen Mineralien aus dem Nachbarland China abgemildert. Des Weiteren wurde im Jahre 2023 das riesige Bergwerk Oyu Tolgoi eröffnet, eine der größten Kupfer- und Goldminen der Welt. Diese erhebliche Expansion der Bergbauproduktion bildet fortan einen wertvollen Puffer und macht die Mongolei widerstandsfähiger gegenüber künftigen Nachfrage- und Preisschwankungen auf dem Rohstoffmarkt. Die Regierung möchte außerdem die wirtschaftliche Diversifizierung vorantreiben, insbesondere durch die Ausschöpfung des hohen Tourismuspotenzials und die Erschließung des enormen Potenzials an erneuerbaren Energien (wie Wasser- und Solarkraft), zur Verringerung der externen Energieabhängigkeit. Diese laufenden und künftigen Bergbau- und Energievorhaben werden dem Export und BIP-Wachstum mittel- bis langfristig zusätzliche Impulse verleihen und so das Leistungsbilanzdefizit auf einem akzeptableren Niveau halten. Das Defizit ist mit einer Halbierung von 16 % auf prognostizierte 8 % des BIP zwischen 2019 und 2024 deutlich niedriger als zu Vor-Covid-Zeiten, wobei künftig mit einer langsamen, sukzessiven Ausweitung gerechnet wird. Gleichwohl bleiben die ausländischen Direktinvestitionen Erwartungen zufolge hoch und dürften somit das Leistungsbilanzdefizit mittel- bis langfristig finanzieren können. Die Währungsreserven dürften folglich auf einem tragfähigen Niveau von drei abgedeckten Monatsimporten verbleiben.
Merklicher Rückgang der öffentlichen Verschuldung reduziert die drückende Auslandsschuld
Das kräftigere BIP- und Exportwachstum hat in Verbindung mit einer begrenzten Neuverschuldung zur Verringerung der umfangreichen Auslandsschulden beigetragen. Die Auslandsverschuldung ist dadurch seit der mongolischen Staatsschuldenkrise von 237 % des BIP im Jahr 2016 auf 169 % im Jahr 2023 gesunken. Ab 2026 wird jedoch ein sukzessiver, aber begrenzter Anstieg erwartet. Es sei angemerkt, dass der Großteil der Schulden auf den privaten Sektor entfällt und ein beträchtlicher Rückgang der Auslandsverschuldung auf den Rückgang der öffentlichen Verschuldung zurückgeht. Gleichzeitig hat die Haushaltskonsolidierung eine bedeutende Verbesserung der Staatsfinanzen ermöglicht, da die Staatsverschuldung von 77,8 % des BIP im Jahr 2020 auf ein geschätztes Niveau von unter 40 % im Jahr 2024 zurückgegangen ist. Die Haushaltsbilanz weist seit 2021 einen Überschuss auf (mittel- bis langfristig wird ein geringes Defizit prognostiziert), mit Staatseinnahmen von über 35 % des BIP. Das Verhältnis der Staatsverschuldung zu den Staatseinnahmen liegt nunmehr bei lediglich 112 % (im Vergleich zu über 300 % während der mongolischen Schuldenkrise). Künftig dürfte die Tragfähigkeit der öffentlichen Schulden minimal zurückgehen, ohne jedoch die Erfolge der vergangenen Jahre zu gefährden. Aufgrund der konkreten Fortschritte hin zu einer tragfähigeren öffentlichen Auslandsverschuldung sowie der positiven Aussichten für die Mineralienindustrie der Mongolei wurde das mittel- bis langfristige politische Risiko im vergangenen Dezember in Kategorie 6/7 aufgewertet.
Anhaltende Abwärtsrisiken durch globalen Handelsprotektionismus und Verschlechterung der monetären Bedingungen
Während der Schuldendienst gegenüber dem Ausland zwischen 2017 und 2023 bei über der Hälfte der Leistungsbilanzeinnahmen lag, dürfte er sich in den kommenden Jahren auf einem vergleichsweise deutlich niedrigeren Niveau einpendeln. Die künftigen Tilgungen der Auslandsschulden unterliegen jedoch genauer Beobachtung, da sie Prognosen zufolge dasselbe Niveau wie die Währungsreserven erreichen werden. In diesem Kontext dürfte die Mongolei von der Lockerung der US-Zinssätze und einem weitgehend stabilen Tugrik profitieren, der in etwa den gleichen Wert wie vor zwei Jahren aufweist, was allerdings teilweise auf Maßnahmen der Zentralbank zurückgeht.
Die Verbesserung der Marktbedingungen und das Vertrauen in das Land könnten jedoch von einem (von Trumps Zollerhöhungen ausgelösten) globalen Handelskrieg beeinträchtigt werden, der die chinesische Wirtschaft beschädigen, den Inflationsdruck in die Höhe treiben und eine Unterbrechung der geldpolitische Lockerungsphase der US-Fed erzwingen könnte. Auch ein stärkerer US-Dollar gibt angesichts des erheblichen Schuldendienstes Anlass zur Besorgnis. Dies sind bedeutende Abwärtsrisiken, die in diesem Jahr und darüber hinaus aufmerksam verfolgt werden sollten, da die mongolische Auslandsverschuldung nach wie vor hoch ist. Auch wenn geldpolitische Straffungsmaßnahmen seit 2023 einen Rückgang der Inflation in den einstelligen Bereich bewirkt haben, stieg die Inflation im Januar 2025 auf 9,6 %. Die Inflationsrate dürfte auf einem relativ hohen Niveau verbleiben, was ein typisches Merkmal einer Wirtschaft im Stillstand ist.
Politische Stabilität und geostrategische Lage
Die aktuellen positiven Aussichten für die Mongolei werden von der gestiegenen politischen Stabilität gestützt. Die regierende Mongolische Volkspartei, aus deren Reihen bereits der Staatspräsident stammt, wurde bei den Parlamentswahlen im Juni 2024 als größte Partei bestätigt, was die Aussichten auf umsichtige politische Kontinuität und den Erhalt des demokratischen Systems gestärkt hat. Ungeachtet der abgeschlossenen Verhandlungen mit Rio Tinto über das Bergwerk Oyu Tolgoi müssen die Behörden ihr dauerhaftes Bekenntnis zur Stärkung der bisher eher unbeständigen Institutionen allerdings noch unter Beweis stellen, um die Attraktivität für ausländische Investoren langfristig zu gewährleisten. Außerdem wird sich die Regierung weiterhin mit Protesten konfrontiert sehen, wenn sie bei der Bewältigung struktureller Probleme, zum Beispiel hohe Lebenshaltungskosten, unzureichender sozioökonomischer Nutzen vom Rohstoffabbau und Luftverschmutzung, keine Fortschritte vorweisen kann.
Außenpolitisch dürfte die Mongolei weiterhin von ihrer geostrategischen Transitlage zwischen Russland und ihrem wichtigsten Handels- und Investitionspartner China profitieren, insbesondere als Teil der „Belt and Road“-Initiative. Die Behörden sind darüber hinaus bestrebt, auch ihre Handels- und Wirtschaftsbeziehungen zum Westen zu pflegen, um dem Risiko der wirtschaftlichen Abhängigkeit von nur zwei Partnern entgegenzuwirken. Künftig könnte ein chaotisches geopolitisches Umfeld allerdings die mongolischen Versuche, zwischen den unterschiedlichen Partnern zu lavieren, erschweren.
Analyst: Raphaël Cecchi – r.cecchi@credendo.com